Was Ihr "NSA-Skandal" nennt
Menschenskinder, Ihr* habt Euch die Erde Untertan gemacht, habt lustig schnaufende Vierbeiner gezüchtet und ihnen das Laufen abgewöhnt, damit Ihr sie in Euren Einkaufstaschen halten konntet. Den Urwald wusstet Ihr zu nutzen, indem Ihr ihn entferntet; dito das alte Eis, womit Ihr es Euch wärmer bereitet habt.
Anfangs hattet Ihr durch den Umbau der Erde genug zu futtern - zumindest die von Euch, die das Sagen hatten. Meinereiner ist ja zufrieden, wenn er genug Algenzellen zu beißen kriegt, aber Ihr hattet Euch damals in Afrika so viele Tiere einverleibt, dass Euer Gehirn immer größer und unersättlicher wurde - und Ihr seine Sklaven. Essen füllte Euch bald nicht mehr aus, und so brauchtet Ihr immer neue Begehrlichkeiten, um sie zu stillen usf.
Da die meisten von Euch so begehrlich wurden, musstet Ihr einander misstrauen, Euch beobachten, um über Tun und Trachten des Anderen bescheid zu wissen. Anfangs war das Heranpirschen mühselig, doch wer gut darin war, galt als sexy . Gleichzeitig verkomplizierte der schnelle Zuwachs an Ess- und Besitzbarem Euer Zusammenleben. Wem gehörte was, und wie war sicherzustellen, dass das so blieb? Die Erfindung des Hilfsgehirns vervielfältigte das Angebot noch einmal, besonders als Findige unter Euren Wehrmenschen alle Hilfshirne zusammenschlossen. Über die verbundenen Hilfshirne konntet Ihr von allen Artgenossen kaufen und bequem neue Freunde und Bettgefährten finden.
Andererseits hat Euch Euer schon für sich überdimensioniertes Kopfhirn so individuell gemacht hat, dass sich viele Eurer Taten und Beischlafgewohnheiten nicht eigneten, um in der ganzen Welt bekannt zu werden. Und es war schlicht unmöglich, gleichzeitig alle Hilfshirne miteinander zu verbinden und zu verbergen, was mit ihnen gesprochen wurde (was übrigens noch im Jahr 2dings so ist!).
Euren Bestimmermenschen indes war an nichts anderem gelegen, als das System von immer mehr (egal wovon) aufrechtzuerhalten, denn alles andere - z.B. ihr Machterhalt - hing davon ab. Um das System zu schützen, mussten sie wissen, wer es nicht gut fand oder gar nach Alternativen trachtete. Praktischerweise liefen die Gespräche über System und Beischlafpartner permanent zwischen den Hilfshirnen hin und her, und die Späher der Bestimmer hatten es leicht, mitzuhören und die Gespräche zu speichern. Zwar erlaubten dies Eure "Gesetze" genannten Spielregeln nicht (außer im Oberbestimmerland). Doch das störte Euch nicht, denn Brot und Spiele machten Euch satt und zufrieden. Trotzdem schrien einige auf, z. B. weil sie Angst hatten, durch Wissen um ihre Beischlafpartner erpressbar zu werden. Die Bestimmermenschen aber versprachen, Euch allen öffentlich mitzuteilen, wer nun genau von welchem Beischlafpartner wusste.
Durch so ein Versprechen galt ein Problem gemeinhin als gelöst, denn bald schon gäbe es ein neues, womit das alte vergessen wäre. Nun hätten z. B. die Berichtermenschen noch fordern können, dass das Sammeln von Beischlafgeschichten fortan aufhöre, oder gar alle gespeicherten Dinge gelöscht würden. Aber auch nur auszusprechen, was die Bestimmer ohnehin nicht getan hätten, war sinnlos. Freiheit war die Freiheit, sich zum System zu bekennen und darauf ein, zwei, viele Bier zu trinken.
Euer auf Euch, Euer System und seine Herrschaft trinkendes
Bärtierchen
* Bitte sehen Sie mir meine plumpe Anrede nach, aber in Ihrer Zeit schien diese üblich gewesen zu sein.
Spähen leichtgemacht:
eng verbundene Hilfshirne